Wer das verpasst hat, ist selber schuld! Nachdem der Turniersieg von Victor Laznicka schon nach dreieinhalb Zügen feststand, hätte man ja das Phänomen einer Anticlimax befürchten können, mit Kurzremisen, leeren Brettern und einem Masseneinlauf auf dem dritten Platz. Ein paar Partien endeten tatsächlich nicht besonders lange nach der Rundeneröffnung, aber Brett 3, Andreas Heimann - Richard Rapport hatte es in sich.
Nicht nur, weil es mittlerweile fast ein Uhr nachts ist nach einem anstrengenden Turnier - um das zu beschreiben, was in dieser Partie passiert ist und was für eine elektrisierende Spannung in der Luft war, fehlen einem komplett die Worte, man muss es einfach selbst erlebt haben. Wenn es je eines Arguments bedurft hätte, auf Increment zu verzichten, dann war diese Schlussphase ein solches Argument. In den nächsten Tagen versuche ich, noch ein Video der letzten 3 Minuten hier reinzustellen, zunächst erst ein Mal die Notation mit ein paar Kommentaren, die ein lächerlicher Ersatz dafür sind, was man als Kiebitz, einen Meter neben dem Brett da sehen und erleben durfte.
Hier gab Rapport noch ganz viele Schachs,
konnte aber keine Fortschritte mehr erzielen. Heimann reklamierte Remis, bei
etwa 20 Sekunden für jeden. Der Schiedsrichter lehnte ab. Rapport willigte am
Ende mit 11 Sekunden auf der Uhr ins Unvermeidliche ein. Man kann diese
Spannung nicht beschreiben, man muss einfach dabei gewesen sein.
Heimann - Rapport: Besser als jeder Hitchcock
Andrey Vovk hatte sich ja nach dem Remis gegen Laznicka auf den zweiten Platz geschoben. Wer würde noch dazu kommen? Die beiden Helden des Tages hätten beide mit einem Punkt belohnt werden müssen, Matthias Möller, der Schiri ließ das nicht zu. Somit kamen Rapport und Heimann beide nur auf 7 Punkte. Wer konnte mit 7,5 zu Vovk aufschließen? Eine riesige Chance verpasste Iturrizaga, der mit einem Zug alles Erreichte zunichte machte:
Nur einer hat es am Ende noch auf die zu Silber notwendigen 7,5 geschafft. Kacper Piorun verdrängte Vovk auf Bronze und lief den ganzen Abend herum, glücklich wie ein Honigkuchenpferd. Ich dachte die ganze Zeit, OK, da freut sich einer halt intensiv über seinen Sieg. Bis ich die Partie sah. Unfassbar. Dem Mann wurden einfach mir nichts, dir nichts, etwa 2000€ geschenkt, einfach so.
Kacper Piorun
Von den deutschen Spielern kamen diese und jene (Naiditsch, Wagner, Poetsch) jeweils auf 7 Punkte und mal mehr, mal weniger saftiges Preisgeld. Blübaums Aufholjagd (2 Siege) kam zu spät, am Ende standen 6,5/9 zu Buche. Jonas Lampert holte, wie im letzten Bericht versprochen, eine IM-Norm, genau so wie Noel Studer, der Bezwinger von Naiditsch.
Einige Bilder vom letzten Tag und der Siegerehrung werden in den nächsten Tagen online gestellt. Schon jetzt bedanke ich mich aber bei allen Lesern und hoffe, dass ich Sie gut durch das 18.Neckar-Open begleiten konnte. Es fehlt nur noch der letzte Soundtrack der Runde: