... ist in der zweiten Runde endgültig erfolgt. Genau 64 Teilnehmer können sich noch über einen perfekten Score freuen - 2/2. Nun könnte man den Rest des Turniers also auch im K.O.-Modus austragen und hätte schon nach der achten Runde einen eindeutigen Sieger ermitteln können - die Turnierleitung hat sich aber entschieden, das Schweizer-System-Format weiter beizubehalten.
Als einer der Letzten sprang noch der Erste der Setzliste Arkadij Naiditsch ins 2/2-Boot. Nach seiner kreativen Spielanlage gestern stand er diesmal die ganze Partie lang eher gedrückt, ein Sieg schien außerhalb jedes Vorstellungsbereichs. Stellvertetend für die unzähligen Chancen, die sein niederländischer Gegner FM Raoul van Ketel hatte, die Partie zumindest nicht zu verlieren, sei auf folgende hingewiesen:
[pgn]
[Event "?"]
[Site "?"]
[Date "2014.04.18"]
[Round "2.2"]
[White "van Ketel, Raoul"]
[Black "Naiditsch, Arkadij"]
[Result "0-1"]
[SetUp "1"]
[FEN "2R5/8/2n1r3/6P1/2p2BK1/8/2k5/8 b - - 0 67"]
[PlyCount "19"]
[EventDate "2014.??.??"]
[TimeControl "60+19"]
[WhiteClock "0:01:00"]67... c3 68. Kh5 {Danach wird das Wettrennen für Weiß langsam etwas
ungemütlich. Er hätte dem hohen Favorit hier mit Gewalt alle Figuren wegnehmen
können -} (68. Rxc6 Rxc6 69. Be5 Kd3 70. Bxc3 Rxc3 {und der Viersteiner wäre
ein (knappes) Remis.} 71. Kf5 Rc5+ 72. Kf6 Ke4 73. g6 Rc6+ 74. Kf7 Kf5 75. g7
Rc7+ 76. Kg8 Kg6 77. Kh8 Rxg7) 68... Ne7 69. Rc5 Ng6 70. Bc7 Kb3 71. Bd8 $2 (
71. Ba5 c2 72. Bd2 {behielt den schwarzen Freibauern gerade noch im Schach.})
71... Nf4+ 72. Kg4 Nd3 73. Rc8 c2 74. Bf6 $2 Re4+ 75. Kf5 Rf4+ 76. Ke6 Rc4 0-1
[/pgn]
Eduardo Iturrizaga Bonelli, ein Großmeister aus Venezuela, der optisch minimal an den heuer fehlenden Dauergast Viktor Erdos erinnert, war in der zweiten Runde der prominenteste Spieler, der sich mit einem Remis begnügen musste. Er hatte ein Turmendspiel mit einem Mehrbauern gegen den jungen Holländer Joost Offringa auf dem Brett, der sich aber nicht aus dem Ring werfen ließ:
[pgn]
[Event "?"]
[Site "?"]
[Date "2014.04.18"]
[Round "2.2"]
[White "Iturrizaga Bonelli, Eduardo"]
[Black "Offringa, Joost"]
[Result "1/2-1/2"]
[SetUp "1"]
[FEN "5k2/p1pp1rp1/1p6/4P3/2P2RR1/P3P3/1PK1P3/7r w - - 0 29"]
[PlyCount "65"]
[EventDate "2014.??.??"]
[TimeControl "120+17"]
[WhiteClock "2:00:00"]
[BlackClock "0:10:50"]29. Rf3 {Um Fortschritte zu machen, muss das Monstrum in der e-Linie aufgelöst
werden. Dies versuchte der Großmeister aus Venezuela die ganze Zeit zu
erreichen, indem er einen Tausch auf der f-Linie initiierte, bei dem er mit
einem seiner e-Bauern zurückzuschlagen gedachte. Hier hatte er das Spiel aber
zu weit getrieben und übersah:} Rh2 {Nun verliert Weiß einen Bauern und mit
ihm auch den ganzen Reiz seiner Stellung - oder er muss sich in den Turmtausch
fügen, ohne die Ruine beseitigt zu haben. Eine schwierige Entscheidung,
Iturrizaga entschied sich, so lange weiterzuspielen, wie es geht, geriet aber
selbst in Gefahr.} 30. Rgf4 (30. Kd3 Rxf3 31. exf3 Rxb2 32. Kc3 Ra2 {ist auch
kein Zuckerschlecken.}) 30... Rxf4 31. Rxf4+ (31. exf4 Rxe2+ 32. Kc3 Kf7 {mit
Ausgleich}) 31... Ke7 32. Kd3 Rh1 33. c5 Rd1+ 34. Kc2 Rd5 35. cxb6 cxb6 36. Rg4
Kf7 37. Rg5 Rc5+ 38. Kd3 Rd5+ 39. Kc3 Rc5+ 40. Kb3 Rb5+ 41. Kc3 Rc5+ 42. Kd2 d6
$1 {Schwarz hat richtig berechnet, dass er den ersten e-Bauern einfach abholen
kann.} 43. e6+ Kf6 44. e7 Rc8 45. Rg2 Re8 46. e4 Rxe7 {...was der Venezuelaner
aber ablehnte. Kleine Muskelspielchen in einer Stellung, die eigentlich, dann
nur Schwarz gewinnen kann...} 47. Kd3 Rc7 48. Rf2+ Ke6 49. Rf8 Ke7 50. Ra8 g5
51. b4 Kf7 52. Rh8 Rc1 53. Rh7+ Kf6 54. Rxa7 g4 55. Ke3 Rf1 56. Rd7 g3 57.
Rxd6+ Kf7 58. Rd7+ Kf8 59. Rd8+ Kf7 60. Rd7+ Kf8 61. Rd8+ {... die aber am
Ende doch friedlich endeten} 1/2-1/2
[/pgn]
Eduardo Iturrizaga
Aus deutscher Sicht mussten die beiden IMs Matthias Blübaum und Andreas Heimann kleine Dämpfer einstecken. In technischen Stellungen konnten die beiden ihre Gegner nicht bezwingen und mussten mit einem Remis Vorlieb nehmen. Wie gestern erläutert, ist das natürlich Gift für etwaige GM-Norm-Chancen. Nun muss es für die beiden im Rest des Turniers schon sehr gut laufen, um überhaupt genug GMs zugelost zu bekommen. Dennis Wagner hatte auch einige Mühe, aber konnte sich mit einer Mehrfigur am Ende gegen einen gegnerischen Bauerntetrisstein d6/d5/e5/e4 durchsetzen.
Ganz kurzen Prozess machte Richard Rapport, der offensichtlich einfach sehr mit seiner Freundin Karten spielen wollte, was er auch in den etwa 4 Stunden Pause tat, die er bis zu der nächsten Partie hatte. Die Partie selbst, ein schwäbischer Linksspringer in ungarischer Ausführung war ein Spiel auf ein Tor:
[pgn]
[Event "?"]
[Site "?"]
[Date "2014.04.18"]
[Round "2.2"]
[White "Rapport, Richard"]
[Black "Mueller, Maximilian"]
[Result "1-0"]
[PlyCount "69"]
[EventDate "2014.??.??"]
[TimeControl "120+11"]
[WhiteClock "1:55:00"]
[BlackClock "0:03:57"]
1. Nc3 e5 2. Nf3 Nc6 3. d4 exd4 4. Nxd4 d6 5. e4 g6 6. Nd5 Bd7 $2 {Ein
entscheidender Fehler im sechsten Zug. Nun schlägt die "Springertaktik" zu,
der Begriff wurde von Harald Keilhack formuliert.} 7. h4 $6 (7. Nb5 $1 Rc8 8.
Nxa7 Nxa7 9. Qd4 {gewann schon sofort.}) 7... Bg7 8. Nb5 Rc8 9. Bg5 f6 10. Be3
{Nach 10 Zügen kann man nicht mehr viel besser stehen.} Nge7 11. h5 Nxd5 12.
Qxd5 Ne7 13. Qb3 a6 14. Nc3 gxh5 15. Bc4 Kf8 16. O-O-O b5 17. Be2 Bg4 18. f3
Bd7 19. f4 Be8 20. Bxh5 Ng6 21. e5 $1 {Das ist für Rapport nur eine kleine
Prankenübung. Der Rest ist ein ziemlicher Overkill.} Bf7 22. e6 Be8 23. Bxg6
Bxg6 24. Nd5 Ke8 25. f5 Bxf5 26. Bh6 Bxh6+ 27. Rxh6 c6 28. e7 Qa5 29. Nxf6+
Kxe7 30. Qe3+ Kf7 31. Nd7 Qd8 32. Rf6+ Qxf6 33. Nxf6 Kxf6 34. Rxd6+ Kg7 35.
Qe5+ 1-0
[/pgn]
Richard Rapport bei der Arbeit
Auf eine spannende dritte Runde in Deizisau! Ich darf bereits auf das ab morgen regelmäßig stattfindende Webradio während der Zeitnotphasen aufmerksam machen.